Betrachten wir unsere Seele wie eine BURG, ganz aus Diamant oder sehr klarem Kristall, wo es viele Räume gibt, so wie auch im Himmel viele Wohnungen sind. Denn, recht betrachtet, ist ja die Seele im Gnadenstand nichts anderes als ein Paradies, in dem der Herr, wie er selber sagt, seine Lust hat. Wie, meint ihr wohl, muss ein Raum beschaffen sein, darin ein so mächtiger, weiser, reiner, alles Gute so in Fülle besitzender König sich erfreut? Ich finde nichts, mit dem sich die große Schönheit einer Seele, ihre Weite und ihre hohe Befähigung vergleichen ließe; ...sagte Gott doch selbst, dass er uns schuf nach seinem Bild und Gleichnis.
(Seelenburg 1,1)
ERSTE WOHNUNGEN
Kein geringer Schaden entstünde, ...wenn wir durch eigene Schuld uns selbst nicht kennen würden und nicht wüssten, wer wir sind, ....welche Güter diese Seele in sich bergen mag, wer in ihr wohnt und welch großen Wert sie hat; all das bedenken wir selten. Unsere ganze Achtsamkeit gilt nur der Ringmauer dieser Burg, d.h.: dem Leib.
Denken wir uns also, diese Burg habe viele Wohnungen, und ganz innen, in der Mitte, befindet sich die allerwichtigste, wo sich die tief geheimnisvollen Dinge zwischen Gott und der Seele abspielen.
Lasst uns nun sehen, wie wir hineinkommen in diese Burg. Da scheint es, als rede ich Unsinn: wenn wir selbst diese Burg sind, müssen wir nicht hineingehen; wir sind ja drinnen. Aber zwischen Drinnensein und Drinnensein ist ein großer Unterschied! Es gibt viele, die sich im „Wehrgang“ der Burg aufhalten, also dort, wo die Wachen stehen und denen überhaupt nichts daran liegt, hineinzugehen. Sie haben keine Ahnung, wie es drinnen aussieht ...!
Nach meiner Erfahrung sind Gebet und inneres Aufmerken das Eingangstor zur Burg.
Damit meine ich das mündliche Gebet nicht minder wie das innere; denn wenn das mündliche Gebet wirklich Gebet sein soll, bedarf es des inneren Aufmerkens. Ein Gebet, bei dem man nicht darauf achtet, mit wem man redet und was man erbittet, wer der Bittende und wer der Gebetene ist, - das nenne ich nicht Gebet, mag man dabei die Lippen noch so viel bewegen. (Seelenburg 1,1)
Die Wohnungen dieser Burg müsst ihr euch aber nicht wie auf einen Faden aufgereiht vorstellen. Richtet lieber euren Blick auf das Zentrum, auf den Palast, wo der König weilt; stellt euch die Burg vor wie eine Zwergpalme, bei der viele Hüllen das köstliche Herzblatt umschließen. Denn: Die Dinge der Seele muss man sich immer in Fülle und Weite und Größe denken!
Mir scheint, wir lernen uns selbst nie gut kennen, wenn wir uns nicht bemühen, Gott kennen zu lernen.... In der Betrachtung seiner Demut werden wir sehen, wie weit wir von Demütigsein entfernt sind... Solange wir auf dieser Erde sind, gibt es nichts Wichtigeres als die Demut... Sie gleicht der Biene, die im Bienenstock den Honig bereitet; andernfalls ginge alles verloren.... Aber - wie die Biene -, so fliegt auch ihr zuweilen aus, um die Größe und Majestät Gottes zu betrachten.
Diese erste Wohnung hat viele, ja eine Unzahl von Zimmern. Auf vielerlei Weise kommen die Seelen da hinein, alle mit guter Absicht. Doch gibt es in jedem Raum eine Legion von Teufeln, die darum kämpfen, dass die Seele nicht in den nächsten Raum gelangt. Weil hier die Seele noch ahnungslos und schwach ist, wird sie leicht besiegt, auch wenn sie ganz erfüllt ist davon, Gott nicht zu beleidigen und Gutes zu tun. Darum müssen diese Seelen viel um die Hilfe Gottes bitten und seine Hl. Mutter und alle Heiligen um Fürsprache anflehen.
Ich sagte schon einmal: der Teufel ist wie eine lautlose Feile. Wir müssen danach trachten, ihn gleich zu Beginn zu erkennen. Beispiel: Er weckt großes Verlangen nach Vollkommenheit, - dabei passt man dann mehr auf die Fehler auf, die die anderen machen, als auf seine eigenen! Lassen wir unkluges Eifern; ... Tratschen wir nicht über die Fehler der anderen. Jeder prüfe sich selbst!
Lasst uns verstehen, dass die wahre Vollkommenheit in der Gottes- und Nächstenliebe besteht; und je vollkommener wir diese beiden Gebote halten, umso vollkommener sind wir.
(Seelenburg 1,2)
ZWEITE WOHNUNGEN
Es geht hier um jene, die schon begonnen haben, das Gebet zu üben und die begriffen haben, wie wichtig es für sie ist, nicht in der ersten Wohnung zu bleiben. Sie haben aber noch nicht genug Entschlusskraft, sich nicht doch öfter dort aufzuhalten und geben so dem Teufel Gelegenheit, sie zu versuchen.
Sie haben in mancher Hinsicht mehr zu leiden als vorher. Sie hören den Ruf des Herrn, weil sie ihm näher gekommen sind und haben so in ihm einen sehr guten Nachbarn...
Dem Herrn liegt ja soviel daran, dass wir ihn lieben und uns bemühen zu ihm zu kommen, dass er nicht aufhört, uns zu rufen. Seine Stimme dringt zu uns * durch Worte guter Menschen, * durch Gebete oder * Lektüre guter Bücher; aber auch aus * Krankheiten und * Mühsalen oder aus * Wahrheiten, die er uns lehrt, wenn wir im Gebet sind. Möge dies noch so schwach sein, verzagt nicht, wenn ihr ihm nicht antworten könnt. Seine Majestät ist geduldig genug, um viele Tage und Jahre zu warten, besonders wenn er Beharrlichkeit und guten Willen sieht. Die Ausdauer ist hier das Wichtigste!
O Jesus, welchen Tumult erregen da die Dämonen, wie quält sich die arme Seele: soll sie zurückweichen oder weitergehen? Wenn aber Satan sieht, dass sie fest entschlossen ist, lieber... alles zu verlieren als zurückzukehren, wird er von ihr ablassen...
Man glaube ja nicht, dass es zu Beginn dieses Weges irgendwelche Annehmlichkeiten gibt; das wäre ein schlechtes Fundament und alles würde einstürzen. Hier sind noch nicht die Wohnungen, wo es Manna regnet; diese befinden sich weiter innen. Noch stecken wir in tausend Unvollkommenheiten... und da möchten wir uns beklagen über Dürre im Gebet? Klammert euch an das Kreuz ...und erkennt, dass dies euer Auftrag ist. Wer sich dem Gebet widmet,...der muss allein danach streben,... dass sein eigener Wille mit dem Willen Gottes übereinstimmt...Wer das am vollkommensten vermag, ...ist auf diesem Weg am weitesten fortgeschritten... Lasst den Mut nicht sinken! Vertraut auf die Barmherzigkeit Gottes und nicht auf euch selbst!
DRITTE WOHNUNGEN
Ich glaube, es gibt durch Gottes Güte viele Menschen, die in diese Wohnung kommen. Es ist ihr ernster Wunsch, Gott nicht zu beleidigen; auch vor lässlichen Sünden nehmen sie sich in acht und liebe die Buße und die Stunden innerer Sammlung; machen guten Gebrauch von der Zeit und üben sich in guten Werken ...auch verwalten sie ihr Haus gut; -. wahrlich ein Stand, den man sich wünschen muss! Sie sind wohl vorbereitet zum Eintritt in die letzten Wohnungen, was ihnen der Herr nicht verweigern wird, wenn sie danach streben...... Sagen werden das alle; es ist aber schon noch mehr dazu nötig...! Krankheiten, Melancholie (= Depressionen) bringen Zeiten der Dürre mit sich.... Solche Menschen können es aber z.B. nicht mit Geduld ertragen, dass ihnen die Türe zum Raum, wo der König weilt, verschlossen ist; halten sie sich doch für seine Diener und sind es ja auch. O Demut, Demut! Begehrt nicht so viel, dass ihr am Ende leer ausgeht; fordert nicht was ihr nicht verdient habt! ...Denkt nicht, dass der Herr unserer Werke bedarf; er braucht aber die Entschlossenheit unseres Willens. Wenn wir ihm aber traurig den Rücken kehren, sobald er uns sagt, was wir tun müssen, um vollkommen zu sein – was erwarten wir dann vom Herrn? ... Unsere Liebe darf nicht das Werk unserer Einbildung sein, sondern sie muss durch Taten erwiesen werden. Oft prüft Gott Menschen, die jahrelang schon in Rechtschaffenheit gelebt haben und ‚Herr über die Welt‘ geworden waren, in ganz geringen Dingen, Das stürzt sie in so tiefe Unruhe, dass es unmöglich ist, sie zu trösten. Ihnen Ratschläge zu geben, hat keinen Sinn, denn ...sie meinen eher, andere belehren zu können... Widersprechen kann man ihnen auch nicht, denn sie sind überzeugt davon, das alles für Gott zu leiden. Darum kommen sie nicht zur Einsicht, dass ihre eigene Unvollkommenheit an ihren Leiden schuld ist... Ach Gott, sind das nicht die, die so lange das Leiden unseres Herrn betrachten und wie gut das Leiden ist, und sich selbst vielleicht noch danach sehnen? Glaubt mir, es kommt nur darauf an, die Tugenden tätig zu üben und unseren Willen dem Willen Gottes in allem anheimzugeben.
Sind wir aber noch nicht so weit, dann heißt es, Demut wahren; Demut ist eine Salbe für unsere Wunden. Ist sie vorhanden, wird der Göttliche Arzt über kurz oder lang kommen, uns zu heilen.
Es muss uns vorkommen, als hätten wir erst wenige Schritte getan. Das sollen wir glauben.
Halten wir es so, dann ist unser Zustand vortrefflich; andernfalls werden wir unser ganzes Leben lang darin stecken bleiben unter tausend Kümmernissen und Erbärmlichkeiten. Denn weil wir uns selbst noch nicht aufgegeben haben, ist der Weg sehr mühsam und beschwerlich.
Und: Schauen wir auf unsere eigenen Fehler und lassen wir die fremden! Denn es geschieht oft, dass Menschen, die recht ordentlich leben, sich über alles Mögliche bei anderen aufregen Es gibt aber keinen Grund, warum wir wünschen sollten, alle möchten unseren Weg gehen Es ist darum besser, sich an das zu halten, was unsere Regel sagt:“ „Im Schweigen und in der Hoffnung wird eure Stärke sein“ (Jes.30,15)
Die Vollkommenheit besteht nicht in vielen Wonnen, sondern darin, dass man mehr liebt.
(Seelenburg 3)
AUF DEM WEG NACH INNEN
VIERTE WOHNUNGEN
Tut das, was am meisten Liebe in euch weckt!
Vielleicht wissen wir aber gar nicht wirklich, was Lieben ist, denn es besteht nicht im größeren Genuss, sondern in der größeren Entschlossenheit, Gott in allem Freude machen zu wollen... Glaubt aber nicht, ihr dürftet nun überhaupt an nichts anderes mehr denken und es sei alles verloren, wenn ihr euch ein wenig zerstreut. Ich habe mich manchmal sehr verängstigt in diesem Tumult des Denkens.... Es kam mir vor, als sähe ich die Kräfte der Seele Gott hingegeben und bei ihm versammelt, während gleichzeitig die herumtobenden Gedanken mich wahnsinnig machten..... Dies kann so weit führen, dass man alles aufgibt... Dabei ist die Seele vielleicht ganz beim Herrn gesammelt in der Wohnung, die dicht neben seiner ist, während das Denken sich im Vorgelände der Burg herumtreibt ... Deshalb sollen wir uns nicht aus der Fassung bringen lassen.. Lassen wir diese Klappermühle weiterrattern und mahlen wir unbeirrt unser Mehl.
(Seelenburg 4,7)
Aber: Diese Mühen haben auch ihren Wert. O Herr, möge deine Majestät nicht zulassen, dass etwas so Kostbares wie deine Liebe, denen gegeben werde, die dir bloß deiner Süßigkeit halber dienen wollen!
(Leben, 10,11)
Gebet der Trunkenheit
Das ist nichts, wonach man streben kann, denn mit all unserem Bemühen können wir es nicht erwerben. Daran sieht man, dass es nicht aus unserem Metall gemacht ist, sondern aus dem reinsten Gold der Göttlichen Weisheit.
... Der gute Hirte lässt uns (d.h. die Seelenkräfte) seine Stimme erkennen mit einem Lockruf, so sanft, dass die Seele selbst ihn gerade noch vernehmen ...und sich seiner Wohnung zuwenden (kann). Dieser Lockruf des Hirten aber hat eine solche Macht, dass sie die äußeren Gefilde verlassen und in die Burg zurückkehren.
Oft war ich wie von Sinnen und wie berauscht von göttlicher Liebe, aber nie konnte ich verstehen, wie das zuging ... Ich erkannte wohl, dass Gott in mir wirkte, konnte aber nicht begreifen, wie.
Die Seelenkräfte sind fast ganz mit Gott vereinigt, aber nicht so, dass sie gar nicht mehr tätig sein könnten. Gepriesen sei der Herr, der mir so große Freude bereitet hat! ...
Auf eine Gefahr aber mache ich aufmerksam: Ich sah kontemplativ veranlagte Menschen,... die,... körperlich geschwächt, eine Art Schlaf erfahren, den sie „spirituell“ nennen, was aber dem Begriff nicht ganz entspricht ... Je mehr sie sich solchen „Entrückungen“ überlassen, umso mehr versinken sie darein.. Ich nenne das aber ’Erdrückung‘, Zeitverlust und Vergeudung der Gesundheit! ... Manche haben einen so schwachen Kopf und eine so kränkliche Phantasie, dass sie alles zu sehen glauben, was sie denken ... Man muss begreifen, dass bei wirklich gott-gegebener Erfahrung... dieses Erleben nicht lang sondern nur kurz, sehr kurz dauert ....und man nimmt äußerlich davon überhaupt nichts wahr. - Hilfe: man sorge für Essen und guten Schlaf, kürze die Gebetszeiten, sorge für Arbeit und dafür, dass man nicht zu viel allein ist.
Ich habe so ausführlich davon gesprochen, weil diese Wohnung von vielen erreicht wird. Weil in ihr das Natürliche und das Übernatürliche so dicht nebeneinander sind, kann der Teufel hier mehr Schaden anrichten als in den früheren Wohnungen. (Seelenburg, 4,3,13 f)
FÜNFTE WOHNUNGEN
Hier verlangt der Herr nur zwei Dinge von uns: Liebe zu seiner Majestät und zum Nächsten. Darum haben wir zu ringen... Wir haben es in der Hand, wenn wir wollen... Ihr dürft mir glauben: je mehr ihr hierin Fortschritte macht, umso tiefer ist eure Liebe zu Gott... Wenn wir es hierin zur Vollkommenheit bringen, so ist alles gewonnen ... Wenn ihr verstündet, wie wichtig diese Tugend ist, ihr würdet nichts anderem mehr nacheifern.
Ob wir Gott lieben, kann man nicht wissen, aber ob wir unseren Nächsten lieben, das merkt man!
(Seelenburg 5,3,8)
Ich muss lachen, wenn ich Menschen betrachte, die sich im das Gebet mühen, mit niedergeschlagenen Augen zu verharren, so dass es scheint, sie wagten sich nicht zu rühren, damit sie nur ja kein bisschen Wonnegefühl und Andacht verlieren. Das zeigt mir, wie wenig sie vom Weg wissen, auf dem man zur „UNIO“, zur Vereinigung mit Gott kommt.
Nein, Schwestern, WERKE will der Herr! Darum: wenn du eine Kranke siehst, der du ihre Leiden erleichtern kannst, soll es dich nicht reuen, dass es dir deine Andacht kostet, sondern du sollst ihre Not lindern...
(Seelenburg 5,3,11)
Gebet der Vereinigung
Das Gleichnis von der Seidenraupe
Nur Gott konnte so etwas erfinden! In einem Samenkorn, das wie ein kleines Pfefferkörnchen aussieht,.. beginnt, sobald es warm wird und die Maulbeerebäume erste Blätter treiben, sich Leben zu regen... Man zieht ein winziges Wesen, ein Räupchen, mit den Blättern des Maulbeerbaumes auf.
Wenn das Räupchen groß und fett geworden ist, legt man ihm ein Zweiglein hin, und daran spinnt es, aus sich selbst mit dem Mäulchen Seide und macht sich eine dichte Hülle, worin es sich selber einschließt.... Die Raupe stirbt darin ab und aus der Hülle schlüpft ein kleiner, weißer, wunderschöner Schmetterling.... O Herrlichkeit Gottes!
Deutung: Das ‚Räupchen‘ - die Seele – beginnt zu leben, sobald sie in der Wärme des Hl. Geistes sich der Hilfsmittel zu bedienen anfängt, die Er seiner Kirche hinterlassen hat: regelmäßig beichten, gute Bücher lesen etc... Davon nährt sie sich wie auch von guten Meditationen, bis sie herangewachsen und stark geworden ist. Sodann beginnt sie, die Seide, das Haus zu spinnen, in dem sie sterben soll. Das Haus will ich hier als CHRISTUS verstanden wissen.:; er selbst sei unsere Wohnung... und wir können sie selbst herstellen...: wir können von uns etwas nehmen und dazutun wie die Räupchen. Und wir werden mit unserem Werk noch nicht fertig sein - da vereint Gott sich diesem armseligen Machwerk, das nichts ist, und verleiht ihm so großen Wert, dass der Herr selbst der Lohn dieser Arbeit ist.
Also auf, meine Schwestern, schnell an die Arbeit, dass wir uns diese Hülle weben und uns unserer Eigenliebe und unseres Willen entledigen, und uns von den Bindungen an Irdisches lösen...!
Wir werden Gott schauen! Wenn die Seele nun in diesem Gebet so in die Größe Gottes versenkt ist, - und wenn es nur für eine halbe Stunde wäre, - ich sage euch: sie kennt sich selber nicht mehr wieder! Denn derselbe Unterschied wie zwischen der hässlichen Raupe und dem schönen Schmetterling besteht auch hier! ... Die Seele weiß gar nicht, wodurch sie soviel Glück verdienen, d.h. es ihr zufallen konnte!
(Seelenburg 5,2,2-7)
MYSTISCHE GNADEN
SECHSTE WOHNUNGEN
Geistige Verlobung
Wie das geschieht, was man „UNIO“, Vereinigung nennt, und was es ist, kann ich nicht erklären. Während die Seele Gott sucht, wird sie von einer so unsagbaren Freude überwältigt, dass sie nahezu in Ohnmacht sinkt... Die Augen schließen sich, ohne dass man es will. Man hört, versteht aber nicht, was man hört.
O du unendliche Freigebigkeit, wie herrlich sind deine Werke! Sie setzen jeden in Staunen, dessen Geist von den Dingen dieser Erde nicht so eingenommen ist, dass er von dem, was Wahrheit ist, gar kein Verständnis hat. Wie magst du aber Menschen, die dich so sehr beleidigt haben, so hohe Gnaden mitteilen! (Leben, 18, 1-3) Die Erhebung oder Vereinigung des Geistes wird durch die himmlische Liebe, von der die Seele innerlichst durchglüht ist, bewirkt ... Anfangs geht dieses Gebet, - bei mir war es zumindest so der Fall– in so kurzer Zeit vorüber, dass man bei der kurzen Dauer vom Schwinden der Sinne von außen nichts wahrnimmt; ... aus den zurückgebliebenen Gnaden aber ist deutlich zu erkennen, wie glühend hier die Sonne der göttlichen Liebe gestrahlt hat.. .
(Leben 18, 11-14)
Ist es eine echte Verzückung, so raubt sich Gott die ganze Seele und zeigt ihr... ein Stücklein des Königreiches, das sie gewonnen hat durch diese Verbindung. Mag es noch so klein sein, - alles, was dieser große Gott in sich schließt, birgt eine Fülle! ...O meine Schwestern! Was wir aufgegeben haben, ist nichts, ist alles nichts! O menschliche Blindheit, wann endlich wird dieser Erdenstaub von unseren Augen gewischt?
Der Gewinn der Seele sind vor allem drei Dinge: *Erkenntnis der Größe Gottes, *Selbsterkenntnis und Demut... und *Geringachtung aller Dinge dieser Erde, außer man kann sie zum Dienst für diesen großen Gott gebrauchen.
(Seelenburg VI, 4-5)
Fast ohne es zu merken und ohne selbst etwas zu tun, fängt so ein Mensch nun an, seinen Nebenmenschen nützlich zu werden. Jene bemerken es aber wohl; denn der ‚Geruch der Blumen‘ hat so zugenommen, dass er die anderen danach verlangen lässt, ihre Nähe aufzusuchen. Sie sehen die Früchte, wie wünschenswert sie sind und möchten gern mit ihr davon genießen.
Wenn das Erdreich durch Leiden, Verfolgungen, üble Nachreden und Krankheiten – Prüfungen, ohne die wenige bis hierher gelangen – gut umgegraben und durch gänzliches Loslassen von jeglichem Eigennutz gehörig erweicht ist, dringt das Wasser so tief ein, dass es fast nie wieder austrocknet ... Wenn es aber ein Boden ist, der nicht jene Dankbarkeit an den Tag legt, die eine so große Gnade verdient, so trocknet das Erdreich wieder aus. Kommt dann noch Sorglosigkeit des Gärtners hinzu und sendet der Herr nicht aus lauter Güte wieder Regen, so ist der Garten für verloren zu halten.
(Leben 19,1-4)
Ich überlegte einmal, warum wohl unser Herr die Tugend der Demut so sehr liebt. Da kam mir die Einsicht: weil Gott die höchste Wahrheit und die Demut ist nichts anderes, als Wandeln in der Wahrheit; denn es ist gewiss wahr, dass wir nichts Gutes aus uns selbst haben. Wer dies nicht erkennt, wandelt in der Lüge.
(Seelenburg, VI, 10)
SIEBENTE WOHNUNGEN
GEISTIGE VERMÄHLUNG
Wenn es unserem Herrn gefällt, so führt er den Menschen, bevor die geistige Ehe geschlossen wird, in seine eigene, das heißt in diese siebente Wohnung; denn wie er im Himmel seine Wohnstatt hat, so muss er wohl auch in der Seele eine Stätte haben, wo nur Seine Majestät weilt, also gleichsam einen zweiten Himmel (Seelenburg 7,1,3) Diese große Gnade wird sich freilich nicht vollkommen erfüllen, solange wir leben. (Seelenburg 7,2,1)
Als einst viele Bücher in der Muttersprache verboten wurden, fiel mir dies sehr schwer... Da sprach der Herr zu mir: “Sei nicht traurig, ich will dir ein lebendiges Buch geben“. Weil ich damals noch keine Visionen hatte, konnte ich den Sinn dieser Worte nicht begreifen. Bald darauf aber verstand ich gut, was damit gemeint war, denn in dem, was ich schaute, fand ich reichlich Stoff zum Betrachten und zur inneren Sammlung. 
(Leben, 26,7)
In der geistliche Verlobung gibt es oft noch eine Trennung...Wir erleben es oft, dass jene Gnade des Herrn schnell vorübergeht und die Seele danach nichts mehr von dieser Gemeinsamkeit merkt...
Bei der Gnade, von der wir hier sprechen, gibt es keine Trennung mehr, denn immer bleibt die Seele mit ihrem Gott in jener Mitte, in der innersten Wohnung. .... Hier ist es, wie wenn Wasser vom Himmel in einen Fluss oder in eine Quelle fällt, wo alles nichts ist wie Wasser, sodass man es weder teilen noch sondern kann; oder es ist wie mit einem Zimmer mit zwei Fenstern, durch die ein starkes Licht fällt: dringt es auch getrennt ein, so wird doch alles zu einem Licht.
(Seelenburg 7,2,4)
Die Seele bewegt sich nicht aus jener Mitte heraus und der Friede geht ihr nicht verloren.... Man verstehe das recht: unsere Fähigkeiten, die Sinne und Leidenschaften bleiben nicht immer in diesem Frieden; die Seele aber wohl. Das ist schwer zu begreifen, darum ein Gleichnis:
Angenommen, der ganze Körper schmerzt uns: wenn der Kopf gesund ist, so wird er uns nicht deshalb wehtun, weil wir Gliederschmerzen haben. Ich lache über diesen Vergleich, aber ich weiß keinen anderen. Denkt, was ihr wollt, es ist Wahrheit, was ich gesagt habe.
(Seelenburg 7,2,13)
Nun ist also der „kleine Falter“ gestorben (siehe 5.Wohnung), voll überschwänglicher Freude, dass er nun Ruhe gefunden hat und Christus in ihm lebt... Wie unterscheidet er sich von früher?
* Die erste Wirkung ist eine völlige Selbstvergessenheit: die Seele kennt sich selbst nicht mehr.
* Die zweite Wirkung: hat sie sich bisher danach gesehnt „aufgelöst und bei Christus zu sein,“
so geht jetzt ihr Verlangen dahin, Ihm zu dienen, womöglich einem Menschen zu helfen, um so beizutragen, dass Gott gepriesen werde, sei es auch nur im Allerkleinsten.
Ich sage es nochmals: Allein mit Gebet und Beschauung könnt ihr euer Fundament nicht legen.
Wenn ihr nicht nach Tugenden trachtet und euch nicht tätig darin übt, werdet ihr immer Zwerge bleiben... Wer nicht wächst, schrumpft!
Zum Schluss noch den Rat: Bauen wir keine Türme ohne Fundament; denn der Herr sieht nicht so sehr auf die Größe der Werke wie auf die Liebe, mit der sie getan werden. Tun wir, was wir können, so wird Seine Majestät es uns schenken, dass wir jeden Tag mehr vermögen.
Lasst uns nicht müde werden, sondern die kurze Zeit, die dieses Leben noch währt – und vielleicht ist sie kürzer als der einzelne denkt! – dem Herrn das Opfer darbringen, das wir ihm anbieten können...
Möge es Seiner Majestät gefallen, dass wir alle uns dort oben sehen, wo wir ihn ewig loben. Und mir möge Gott die Gnade schenken, dass ich ein wenig von dem verwirkliche, was ich euch anrate
Er sei gepriesen in Ewigkeit Amen.
(Seelenburg 7,4,17)
an Wochentagen
6:55 Uhr: Laudes
7:30 Uhr: Heilige Messe
17:00 Uhr: Vesper
an Sonn- und Feiertagen
7:00 Uhr: Laudes
9:00 Uhr: Heilige Messe
17:00 Uhr: Vesper
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